aktualisiert: 20.1.2006
Zapfendystrophie
Als Zapfendystrophien ist eine heterogene Gruppe von Erkrankungen zusammengefaßt, die vorwiegend mit einer Funktionsstörung der retinalen Zapfen einhergehen.
- Synonym: -
- Englisch: Cone dystrophy
- Häufigkeit: relativ häufig
- Genetik:
- Autosomal dominant: Mutationen in folgendem Genen: GUCA1A, GUCY2D; weitere chromosomale Genlokalisation: RCD1
- Autosomal rezessiv: Mutationen im RDH5
- X-chromosomal: Mutationen in folgenden Genen: RPGR, Deletion im Rot-Opsin-Gen, weitere chromosomale Genlokalisationen: COD2, COD4, Xp11.1-Xp21.1
- Existenz weiterer Genorte wahrscheinlich.
- Symptomatik:
- Eine Manifestation ist in allen Lebensaltern möglich, am häufigsten in den ersten beiden Lebensdekaden
- Photophobie, progrediente Visusminderung, Zentralskotome und Farbsinnstörungen sind frühe Symptome
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Der Augenhintergrund ist nicht selten unauffällig, kann aber auch zentrale Pigmentepitheldefekte bis hin zu einer Schießscheibenmakulopathie und selten metallische Reflexe zeigen
- Temporale Papillenabblassung
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: frühzeitig deutlich reduziert
- Farbensehen: ausgeprägte unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: zentrale Skotome
- Ganzfeld-ERG: zeigt eine Reduktion oder ein Fehlen der zapfenabhängigen Reizantworten bei weitgehend normalen stäbchenabhängigen Reizantworten
- Multifokales ERG: ausgeprägte Reduktion oder ein völliges Fehlen der Reizantworten am gesamten hinteren Pol
- EOG: häufig normal
- Muster-VEP: häufig pathologisch wegen der gestörten Mustererkennung
- Therapie:
- keine kausale Therapie, abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Die temporale Papillenabblassung und ein pathologisches Muster-VEP können zu Verwechslungen mit hereditären Optikusatrophien führen. Differenzialdiagnostisch entscheidend ist das ERG
- Einige Autoren gehen davon aus, dass alle Zapfendystrophien im Verlauf in eine Zapfen-Stäbchendystrophie übergehen. Es sind aber mehrere Familien beschrieben, bei denen die Funktionsstörung auch im höheren Lebensalter auf die Zapfen beschränkt bleibt. Im Einzelfall gelingt eine Abgrenzung gegen die häufigeren Zapfen-Stäbchendystrophien nur im Verlauf durch den fehlenden Funktionsverlust der Stäbchen).
- Abgrenzung zu Monochromasien (diese zeigen eine kongenitale, nicht progrediente Visusminderung)
- Abgrenzung zu Makuladystrophien erfolgt durch das Ganzfeld-ERG (normal bei Makuladystrophien)
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Zentrale Zapfendystrophie
- Synonym: okkulte Makuladystrophie
- Englisch: Central cone dystrophy, occult macular dystrophy
- Häufigkeit: sehr selten
- Genetik:
- Einzelfälle, möglicherweise heterogen
- Symptomatik:
- Eine Manifestation ist in allen Lebensaltern möglich
- Progrediente Visusminderung, Zentralskotome und Farbsinnstörungen sind frühe Symptome
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie: Der Augenhintergrund ist in der Regel unauffällig, kann aber auch dezente zentrale Pigmentepitheldefekte zeigen
- Fundusautofluoreszenz: Es kann sich eine dezente foveal verstärkte Autofluoreszenz zeigen
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: frühzeitig deutlich reduziert
- Farbensehen: ausgeprägte unspezifische Störungen bei zentraler Testung
- Gesichtsfeld: relative oder absolute zentrale Skotome
- Ganzfeld-ERG: normal
- Multifokales ERG: ausgeprägte Reduktion oder ein völliges Fehlen der Reizantworten aus der Fovea, nach peripher normale Reizantworten
- EOG: normal
- Muster-VEP: häufig pathologisch wegen der gestörten Mustererkennung
- Therapie:
- keine kausale Therapie, abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Abgrenzung zur kongenitalen stationären Zapfenfunktionsstörung durch den Verlauf
- Da die Diagnose nur im fokalen oder multifokalen ERG zu sichern ist, besteht bei diesen Patienten eine hohe Gefahr, daß sie entweder einer unnötigen ausgedehnten neurologischen und radiologischen Diagnostik unterworfen werden oder daß eine vermeintliche psychische Störung diagnostiziert und therapiert wird.
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Zapfen-Stäbchendystrophie
Zapfen-Stäbchendystrophie ist der Oberbegriff für eine heterogene Gruppe von Erkrankungen mit einer stärkeren oder früheren Beeinträchtigung der Zapfenfunktion im Verhältnis zur Stäbchenfunktion.
- Synonym: -
- Englisch: Cone-rod dystrophy
- Häufigkeit: relativ häufig
- Genetik:
- Autosomal dominant, variable Penetranz möglich:
- Mutationen in folgenden Genen: AIPL1, CRX, GUCA1A, GUCY2D (7%), Peripherin (RDS), RIMS1, UNC119
- weitere chromosomale Genlokalisationen: CORD4 (Assoziation mit Neurofibromatose), RCD1
- Autosomal rezessiv:
- Mutationen in folgenden Genen: ABCA4, RDH5
- weitere chromosomale Genlokalisationen: CORD8, CORD9
- X-chromosomal: Mutationen im RPGR-Gen
- Existenz weiterer Genorte wahrscheinlich.
- Symptomatik:
- Beginn meist in den ersten beiden Lebensdekaden, spätere Manifestation möglich
- Blendungsempfindlichkeit, progrediente Visusminderung, Farbsinnstörungen und Zentralskotome
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Es kann sich ein völlig unauffälliger Befund zeigen
- Meistens finden sich variabel ausgeprägte Pigmentepithelveränderungen am hinteren Pol
- Beim weiteren Fortschreiten der Erkrankung kann es zu peripheren Knochenkörperchen, Gefäßverengung und Papillenabblassung kommen
- Bei x-chromosomalem Erbgang kann goldener Reflex auftreten
- In seltenen Fällen wurden rötliche subretinale Flecken und faltenförmige subretinale Ablagerungen beschrieben.
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: frühzeitig deutlich reduziert
- Farbensehen: frühzeitig ausgeprägte unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: zunächst zentrale und parazentrale Skotome, in späteren Stadien Progression nach außen und periphere Gesichtsfeldausfälle
- Ganzfeld-ERG: zunächst Verlust der zapfenabhängigen, später auch der stäbchenabhängigen Reizantworten bis hin zum unter Standardbedingungen nicht mehr nachweisbaren ERG
- Multifokales ERG: in der Regel ausgeprägte Reduktion oder völliges Fehlen der Reizantworten am gesamten hinteren Pol.
- EOG: mit Fortschreiten der Erkrankung reduziert
- Therapie:
- keine kausale Therapie, abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- bei ABCA4 assoziierten Zapfen-Stäbchendystrophien: Vermeidung übermässiger Vitamin A-Aufnahme
- Besonderheiten:
- In Spätstadien ist eine morphologische Differenzierung zwischen Retinitis pigmentosa und Zapfen-Stäbchendystrophie oft nicht mehr möglich
- Zapfen-Stäbchendystrophien können mit verschiedenen anderen Organerkrankungen (Syndromen) assoziiert sein
- Die benigne konzentrische annuläre Makuladystrophie entspricht einer langsam progredienten Zapfen-Stäbchendystrophie und ist kein eigenständiges Krankheitsbild
- Die Differenzialdiagnose zu Zapfen- und Makuladystrophien ergibt sich durch das ERG
- Selten finden sich Zapfen-Stäbchendystrophien mit 'negativem ERG' als Hinweis auf eine intraretinale Transmissionsstörungen. Diese kann ihre Ursache in veränderten Photorezeptorsynapsen, Funktionsstörungen der Bipolar- und Müllerzellen haben.
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Spät beginnende Zapfen-Stäbchendystrophie
- Synonym: -
- Englisch: Late onset cone-rod dystrophy
- Häufigkeit: sehr selten
- Genetik:
- Einzelfälle, Erbgang und chromosomale Genlokalisation nicht bekannt
- Symptomatik:
- Beginn nach der 5. Lebensdekade
- Blendungsempfindlichkeit, progrediente Visusminderung, Farbsinnstörungen und Zentralskotome
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Es kann sich ein völlig unauffälliger Befund zeigen
- Meist bestehen unspezifische Pigmentepithelveränderungen in der Makula
- Beim Fortschreiten der Erkrankung kann es zur Gefäßverengung, Papillenabblassung und selten peripheren Knochenkörperchen kommen
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: deutlich reduziert
- Farbensehen: ausgeprägte unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: zunächst zentrale und parazentrale Skotome, in späteren Stadien Progression nach außen und periphere Gesichtsfeldausfälle
- Ganzfeld-ERG: zunächst Verlust der zapfenabhängigen, später auch der stäbchenabhängigen Reizantworten bis hin zum unter Standardbedingungen nicht mehr nachweisbaren ERG
- Multifokales ERG: in der Regel ausgeprägte Reduktion oder völliges Fehlen der Reizantworten am gesamten hinteren Pol.
- Therapie:
- keine kausale Therapie, abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Abgrenzung zur altersabhängigen Makuladegeneration durch das ERG
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Sorsby Fundusdystrophie
- Synonym: -
- Englisch: Sorsby fundus dystrophy
- Häufigkeit: sehr selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: Mutationen im TIMP3-Gen
- Symptomatik:
- Rasch progrediente Visusminderung in der 5. Lebensdekade
- Fortschreitend bis zu Erblindung
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- Im Frühstadium drusenähnliche Veränderungen und Atrophien des retinalen Pigmentepithels
- Visusminderung bedingt durch Entwicklung choroidaler Neovaskularisationen mit ausgedehnten Exsudaten und Blutungen
- Im Verlauf generalisierte choroidale Atrophie
- Fluorescein-Angiographie: choroidale Neovaskularisation
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: rasche progrediente Reduktion nach Beginn der Symptomatik
- Farbensehen: ausgeprägte unspezifische Störungen
- Gesichtsfeld: zunächst Zentralskotom, später progrediente periphere Ausfälle
- Ganzfeld-ERG: erst in der Spätphase reduziert
- Therapie:
- keine kausale Therapie, abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- bei choriodalen Neovaskularisationen: nach Lage im Angiogramm: Laser, photodynamische Therapie, VEGF-Inhibitoren intravitreal (u.a. Macugen, Avastin)
- Besonderheiten:
- Gabe von Vitamin A in hohen Dosen reduziert die Nachtblindheit, ist aber keine Therapie der Erkrankung
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Diffuse Choriokapillarisatrophie
- Synonym: -
- Englisch: Diffuse choriocapillaris atrophy
- Häufigkeit: sehr selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: Mutationen im RGR-Gen
- Autosomal rezessiv?
- Symptomatik:
- Beginn mit frühzeitiger Visusminderung in den mittleren Lebensdekaden
- Periphere Gesichtsfeldausfälle und Nachtsehstörungen in der Spätphase
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie: Fleckförmige, unscharf begrenzte Atrophie der Choriokapillaris am hinteren Pol
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: abhängig von der Einbeziehung der Fovea in die Atrophieareale variabel reduziert
- Gesichtsfeld: Ausfälle korrespondierend zu den Atrophiearealen
- Ganzfeld-ERG und EOG früh pathologisch
- Therapie:
- keine kausale Therapie, abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Neben den wenigen Familien mit diffuser Choriokapillarisatrophie finden sich nicht selten Einzelfälle mit multiplen chorioatrophischen Arealen, bei denen eine eindeutige Zuordnung zur diffusen Choriokapillarisatrophie oder einer anderen generalisierten Netzhautdystrophie nicht möglich ist.
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Progressive bifokale chorioretinale Atrophie
- Synonym: -
- Englisch: Progressive bifocal chorioretinal atrophy
- Häufigkeit: extrem selten
- Genetik:
- Autosomal dominant: chromosomale Genlokalisation: MCDR1 (gleiche Lokalisation wie North Carolina Makuladystrophie)
- Symptomatik:
- Beginn in der ersten Lebensdekade
- Langsame Progression
- Nystagmus, Strabismus
- Myopie häufig
- Morphologie:
- Ophthalmoskopie:
- In der ersten Lebensdekade von der Makula nach peripher fortschreitende chorioretinale Atrophie
- In der zweiten Lebensdekade zweiter progredienter Atrophieherd nasal
- Zwischen beiden Atrophiezonen bleibt ein senkrechter Streifen intakter Netzhaut und Aderhaut erhalten
- Netzhautablösung möglich
- Fluorescein-Angiografie: fokale Areale mit fehlender Aderhautperfusion
- Funktionsdiagnostik:
- Visus: stark reduziert (0,2 - Fingerzählen)
- Farbensehen: ausgeprägte unspezifische Störungen
- Ganzfeld-ERG: stark reduziert
- EOG: kein Hellanstieg
- Therapie:
- keine kausale Therapie, Abhängig von der Visusminderung vergrößernde Sehhilfen
- Besonderheiten:
- Ursache des bifokalen Verlaufs unbekannt
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